Die Irren-Offensive |
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Zeitschrift von Ver-rückten gegen Psychiatrie |
Tätigkeitsbericht eines Vorsorgebevollmächtigten
Dieser Bericht soll den Nutzen eines professionellen Umgangs mit der Vorsorgevollmacht (Vo-Vo) dokumentieren. Ich werde anhand von zwei Beispielen die Wirksamkeit der Vorsorgevollmacht zeigen. Wichtig ist zu wissen, daß die Vorsorgevollmacht mit dem Bevollmächtigten und dem überwachungsbevollmächtigten Rechtsanwalt steht und fällt.
Jeder, der eine Vo-Vo abschließt, sollte das vormundschaftsgerichtliche und psychiatrische Umfeld informieren (z.B. Sozialpsychiatrischen Dienst SpD, gegebenenfalls Ex-Betreuer, örtliches Vormundschaftsgericht) siehe Musterbrief an den SpD in "Praktische Tipps: Wie die Vorsorgevollmacht der Zwangspsychiatrie ein Ende setzt":
www.vo-vo.de/vovo/praktische_tipps.htm
Dann ist von vornherein gewährleistet, daß keine der informierten Institutionen noch den Versuch machen kann, die Existenz der Vorsorgevollmacht zu ignorieren. Beim Vormundschaftsgericht daran denken, eine Original unterzeichnete Vollmacht mitzunehmen und die Kopie davon gegen eine Bestätigung des Empfanges und der Originalgetreue der Kopie abgeben.Die Vorteile einer Vorsorgevollmacht z.B. mit mir als Bevollmächtigten sind:
a) sie kann jeder Zeit gekündigt werden
b) ich halte mich an das geschriebene Wort, wie es in "Verfügung und Vereinbarung nach § 1896 Abs. 2 BGB" dokumentiert ist und wie es von einem Rechtsanwalt gewährleistet wird, daß ich mich auch daran halte.Beispiel 1:
Datum: 20.2.03 - Die Polizei hat sich aus der Sächsischen Schweiz über mein Handy gemeldet. Sie setzt mich in Kenntnis, daß Herrn Nasder aus Berlin randalierend in ein Haus eingedrungen sei. Er sei "psychotisch" und er hätte sie in Kenntnis gesetzt, daß Herr Uwe Pankow, also ich, sein "Betreuer" sei. Ich wusste, daß das Psych Kg ein Unterbringungsgesetz als Teil des Polizeigesetzes ist. Die Polizei fragt mich, was sie mit Herrn Nasder machen soll - meine Antwort: wenn etwas Kriminelles vorliegen sollte, soll er nach den Strafgesetzbuch behandelt werden. Offenbar sei ein eventuell begangenes Delikt aufgeklärt und es bestehe keine Flucht- und Verdunkelungsgefahr.Am Tag darauf (21.2.) wurde ich in Kenntnis gesetzt, daß Herr Nasder in der Psychiatrie des Sächsischen Krankenhauses Arnsdorf auf der geschlossenen Station A61 eingeliefert worden sei. Damit habe ich die Telefon- und Faxnummer des psychiatrischen Gefängnisses. Ich habe darauf dem psychiatrischen Gefängnis die Vorsorgevollmacht zugefaxt und die schriftliche Anweisung gegeben, Herrn Nasder sofort auf eine offene Station zu verlegen. Ich setze mich telefonisch mit Herrn Nasder in Verbindung und erfahre von ihm, daß der Anweisung nicht sofort Folge geleistet wurde, sondern er berichtet, daß er am nächsten Tag einen richterlichen Anhörungstermin habe.
Vorsichtshalber faxe ich ihm selber seine Vorsorgevollmacht und die Anweisung an die Psychiatrie zu. Herr Nasder berichtete später, er hatte an dem Tag darauf (22.2.03) - ich hatte ihm noch fernmündlich Tips gegeben - um 12 Uhr den Anhörungstermin - ohne Anwalt! Das Ergebnis der Anhörung: er wurde am nächsten Tag, entlassen, da er auf der offenen Station nicht bleiben wollte. Am selben Tag ist er wieder in Berlin. Herr Nasder meldet sich über Handy und wir vereinbaren ein Treffen. Herr Nasder berichtet. Er macht mir einen guten Eindruck. Er freute sich sehr über die Wirksamkeit der Vorsorgevollmacht und meinen professionellen Umgang damit.Beispiel 2:
Datum 25.2. 03 - Ein Sozialpsychiatrischer Dienst in Berlin meldet sich über Handy und berichtet, Herr Nasder wäre einen Baum hochgeklettert und würde nun an dem Fenster seiner Wohnung stehen. Sie hätten den Verdacht, daß er runter springen würde (Freitod).Ich war in der Absicht eines Freundschaftsbesuchs sowieso schon längst auf den Weg zu Herrn Nasder, als ich diese telefonische Nachricht in der U-Bahn bekomme. Als nächstes meldet sich die Polizei und fragt, was sie tun soll. Meine Antwort: sie sollen warten, bis ich da bin.
Vom Alexanderplatz nahm ich dann vorsichtshalber ein Taxi und fuhr in ca. 7 Minuten zu der Wohnung von Herrn Nasder. Dort angekommen stand die Polizei, die Feuerwehr, der sozialpsychiatrische Dienst und der Hausmeister vor der Tür. Die Feuerwehr war mit Sprungtuch im Einsatz. Ich bin sofort die Treppe hoch, allerdings war die Wohnungstür schon eingetreten und die Polizei
schon in der Wohnung. Herr Nasder selbst saß ruhig und gelassen da. Er stand allerdings unmittelbar vor der Zwangseinweisung; man schien nur noch auf mich zu warten. Als erstes wollte ich wissen, ob es überhaupt einen Grund für die Zwangseinweisung gibt. Ich wollte nicht nur die Meinung des Sozialpsychiatrischen Dienstes hören, sondern ob es tatsächlich überhaupt Gründe gab, die einen menschenrechtsverletzenden Eingriff rechtfertigen könnten. Ich stellte Herrn Nasder eine Frage: ob er Hand an sich selbst legen wolle. Er sagte NEIN. Meiner Meinung nach hatten sich die Nachbarn gestört gefühlt. Es hätte einen Wasserschaden gegeben. Ich fand dafür keine Beweise. Für Herrn Nasder muß die geballte Staatsmacht allerdings sehr einschüchternd gewesen sein. So schickte ich darauf die Polizei, den SpD und die Feuerwehr weg.
Dann war ich alleine mit Herrn Nasder, und eines ist mir dabei klar geworden, die Nachbarn hatten den SpD für ihre Interessen benutzt und gelogen.Uwe Pankow