Landesverband
Psychiatrie-Erfahrener Berlin-Brandenburg e.V.
Im
Werner-Fuß-Zentrum
Berlin,
den 13.9.1996
Sehr
geehrte Frau Dr. Hübner,
unsere
folgenden Wünsche bzw. Forderungen (1.-6.) haben wir am 11.7.
der Senatsverwaltung für Gesundheit zu Händen Herrn Beuscher
übergeben.
Letzten
Dienstag (10.9.) standen sie ergänzt um die Punkte 7.-9. im Arbeitskreis
Psychiatrie Berlin zur Diskussion und wurden bis auf 2 Enthaltungen
einstimmig als positive Stellungnahme angenommen (Frau Fried und Herr
Beuscher waren zugegen und können dies bestätigen).
Uns
ist bewußt, daß es sich eigentlich um Kleinigkeiten handelt,
die Sie politisch und mit Ihrer Verwaltung leicht erfüllen können,
auch wenn einzelne Krankenhausträger eventuell Vorbehalte äußern
könnten.
Unmittelbar würde uns ein Patronatsbrief von Ihnen in die Lage
versetzten, Punkt 1. zu erledigen.
Unsere
Wünsche im Einzelnen:
1.
Sehr geehrte Frau Senatorin, veranlassen Sie bitte, daß auf
jeder psychiatrischen Station unser Plakat dauerhaft gerahmt aufgehängt
wird,
2.
daß es auf jeder psychiatrischen Station in Berlin ein Patiententelefon
in einer Kabine gibt,
3.
daß zumindest ein Münzkopierer in jeder Anstalt allen
zugänglich aufgestellt wird,
4.
daß auf jeder Station deutlich sichtbar ein Anschlag angebracht
wird, daß auf Wunsch Briefpapier, Briefumschläge und
Briefmarken zur Verfügung gestellt werden,
5.
daß täglich ein Spaziergang unter freiem Himmel von mindestens
einer Stunde Dauer auf allen psychiatrischen Stationen angeboten
wird,
6.
daß auf jeder Station eine Teeküche eingerichtet wird,
so daß man sich rund um die Uhr zu essen und zu trinken machen
kann.
7.
Bitte teilen Sie uns so bald wie möglich die Anzahl der Zwangseinweisungen
im Land Berlin in den Jahren 91, 92, 93, 94 und 95 mit,
8.
teilen Sie uns die Anzahl der psychiatrisch verabreichten Elektro-Schockbehandlungen
in diesen Jahren in Berlin mit.
9.
Ermitteln Sie bitte die Anzahl der Gutachten, die Dr. Karl Bonhoeffer
für die Richter der Erbgesundheitsgerichtshöfe zur Nazizeit
geschrieben hat, und teilen Sie uns bitte das Ergebnis mit.
MfG
Der Vorrstand
Der oben abgedruckte Brief wurde am 2.12.96 im Landes-Psychiatrie-Beirat
(trotz unseres Angebots einen Zuhörer zu entsenden) unter Ausschluß
der Betroffenen behandelt, und offensichtlich der Beschluß
gefaßt, daß die Chefärzte der Krankenhäuser die
ersten 8 Fragen beantworten sollen.
Bis
zum 1.2.97 hat dies in teilweise ausweichender Art nur der Chefarzt
des Krankenhaus Neukölln getan.
Eine direkte Antwort der Senatorin oder des Psychiatrie Referente,
Herrn Beuschert, steht bis heute aus. Insbesondere Bitte Nr. 9 sollte
ein zentrales Thema des T4 Umzugs 97 werden.
René Talbot
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